Katalogtext Ausstellung städtische Galerie Peschkenhaus, April/Juni 2004 Von Dr. Helga Meister
Poesie pur
Birgit Maesing (Jg. 1973, Borken; seit 2001 bei Erben) ist auf der Suche nach dem Licht in der Malerei. Es entfaltet seine Energie auf ihren Bildern im minimalen Dialog der Farben und Rhythmen, die sich über den Keilrahmen hinaus entfalten und auf die Wand überzugreifen scheinen. Ihre Kompositionen haben daher kein Zentrum, keine Perspektive, keinen Fokus. Sie wirken wie Ausschnitte aus einem großen Ganzen.
In ihren Werken ist nichts aufgesetzt, und das heißt auch, es ist nichts grundiert. Die Ölfarben liegen nicht auf dem Nessel, sondern in ihm. Sie schieben sich nicht nach vorn und attackieren sich nicht gegenseitig, so das jegliche Illusion vermieden wird. Die Farbpalette ist minimal. Ein merkwürdig schmutziges Weiß etwa, dem etwas Ultramarin, Magenta und Ocker beigemischt ist, liegt wie ein schillernder Schmelz gleichmäßig auf dem Untergrund. Es berührt verschiedene Grüns, die mit Ocker, Schwarz, warmem Gelb und einer Spur Weiß versehen sind und das Bild vibrieren lassen.
Die Beschäftigung mit den Rändern der Farben erinnert an Ulrich Erben. Birgit Maesing macht jedoch nichts nach, sondern entnimmt ihre Motive dem eigenen Lebensraum. Da ist die Weite des Münsterlands, wo sie studiert, und ihre Heimat Borken auf dem flachen Land an der niederländischen Grenze, wo sie lebt und arbeitet. Den Wald kennt und liebt sie seit ihrer Kindheit, er grenzt fast an ihre Haustür. Sie hört gleichsam jeden einzelnen Baum wachsen, sieht die Stämme, wie sie sich aus dem Unterholz hervorschieben. Die Erinnerung an die Landschaft ist für sie selbstverständlich, sie gehört zu ihren Bildern wie der Rhythmus, die Farben und das Licht.
In ihren Papierarbeiten lässt sich der Abstraktionsprozess genau verfolgen. Es gibt karge, dennoch kostbare Zeichnungen, wo sie mit wenigen Strichen ein wohlkalkuliertes Stakkato von Baumstämmen erzeugt. Neonfarbe und blaue Tuschfarben dringen ins schnell saugende Papier ein, so dass wie beim ungrundierten Nessel die Farbe sofort aufgenommen und eingeschlossen wird. Immer löst Birgit Maesing die Realität in Poesie auf, die sie klar und puristisch setzt. Um einiges opulenter sind ihre farbigen Blätter. Dazu fotografiert sie die Bäume, kopiert und druckt sie aus und tuscht dann darauf. Da die Tusche auf der Druckerfarbe anders reagiert als auf den frei gelassenen Partien, wirkt die Oberfläche auf den gedruckten Stellen stumpf und samten wie eine Aquatintaradierung ist. Zuweilen bearbeitet Birgit Maesing die Blätter anschließend weiter und zeichnet mit schwarzen und farbigen Tinten hinein, als wolle sie die etwa vorhandenen Strukturen verhüllen.
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